Kolumne Uschi Beer: Weniger ist mehr

Beim „Porsche Weltfinale“ auf Mallorca spielte ich in der zweiten Turnierrunde mit drei Herren, Teilnehmer aus Taiwan, Korea und Japan. Ein Novum für mich. Ich war sehr gespannt auf die asiatische Art, Golf zu spielen, wir hatten den Platz in Alcanada zu bewältigen. Der Platz im Norden der Insel war perfekt in Schuss, mit spiegelglatten tricky Grüns und verlangte taktisches Platzieren der Bälle.

Mein Asiatentrio war nett und höflich, mit einer Frau im Flight hatten sie wohl kein Problem. Sie waren in ihrem männlichen Techniktrieb, jeder das Lasergerät am Gürtel hinten auf der Hose. An jedem Abschlag der Par 3-Löcher lief jeder einzeln mit seinem Lasergerät aufs Tee und peilte, dann zum Bag den Schläger holen. Das Ritual ging weiter, nochmal messen, Schläger falsch, zurück zum Bag mit neuem Schläger.

Auf den Fairways wurde ebenfalls jeder Schlag gepeilt, bis zu kleinen Chips. Mir raubte das den letzten Nerv. Von den vielen Probeschwüngen ganz zu schweigen. Das half alles nichts. Alcanada erfordert Spielwitz und Können, ich dachte mir so im Stillen, so einen Golfplatz haben die Jungs sicher selten erlebt. Wahrscheinlich spielen sie eher auf typisch amerikanischen Plätzen, lang, breit, offen mit riesigen Grüns.

Ihre Schwünge brachen nach kurzer Zeit zusammen, wild und kreuz und quer wurden die kleinen Grüns verfehlt. Es wurde irgendwie lustiger und lustiger, vor allem ihr Gestöhne und Gequiekse. Nichts von asiatischer Ruhe und Gelassenheit, irgendwie sind alle Golfer gleich. Nach sechs Stunden Spiel in Hitze sind wir ja auch entweder verrückt oder platt.

Als sie sich ihrer Verzweiflung hingaben und kapitulierten, gut zu spielen, wurde es entspannter. Das ist der klassische Moment, das Mehr wurde weniger. Zuviel des Guten, zuviel Probeschwünge, zuviel Technik, zuviel peilen, zu viel Beherrschen wollen, das alles kippt, wir werden klein und demütig auf der Wiese, irgendwie ist Golf brutal und lehrreich. Ich übrigens spielte ebenfalls schlecht. Ich wollte es so gut machen und hatte auch meine inneren Fights mit der Schwungtechnik, meinen Körper und Rhythmus hatte ich Null im Griff. Ich hatte vergessen, dass man spielen kann auch ohne viel Training. Nur braucht dies einen anderen Ansatz. Das braucht Spielen ohne denken, ohne kommentieren, nur beobachten, Hingabe und taktische Vorsicht. Es wollte nicht, es sollte nicht sein.

Erfolg indes für Felix Schroeder aus Castrop Rauxel, 1. Netto bei den Herren und nearest to pin am 1. Tag. Fünfte Brutto wurde ich im Einzel, Deutschland wurde 10. von 20 Nationen, was eine Netto-Punkte-Wertung von drei von fünf Spielern ist. Am ersten Tag spielten wir Son Gual, Designer Thomas Himmel, ebenfalls ein Traumplatz nahe am Flughafen gelegen. Irre, wenn Du am Dreierloch aufschwingst und direkt über dem Kopf ein Flieger runterbrettert, vor Schreck ein Socket kommt, einfach irre. Gewonnen haben endlich mal die Europäer, England, Österreich und Frankreich nach ewiger asiatischer Vorherrschaft mit diesmal bereinigten Handicaps vor Antritt zum Turnier.

Es war ein Wahnsinns Event, nicht zu toppen. Wir wurden verwöhnt, begeistert mit traumhaften Event-Locations und einem Programm, wie ich es noch nie erlebt habe. So schön, dass man mit diesem Erlebnis eigentlich mit Golf aufhören könnte.

Ich werde mir das noch überlegen, im Wald, auf dem Hochsitz, wohin es nach dem Golfausflug sofort hingeht. In die Ruhe und Einsamkeit, weniger ist mehr.

 

Herzlichst Ihre Uschi Beer

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