Spiel mit „Vorsagen“ – Pitchmarke ausbessern und Ball treffen

Regelecke
Fall 1

Gerd tritt erstmalig im Ligaspiel auf einem ihm völlig unbekannten Golfplatz an. An Loch 3 liegt sein Ball zu weit rechts auf dem Fairway. Dort ist die Sicht zum Grün durch Büsche versperrt. Gerd fragt Jan vom gastgebenden Club, in welche Richtung er denn jetzt spielen müsse. Der antwortet, Ziel müsse die im Hintergrund sichtbare Tannenspitze sein, und er fügt hinzu, dass er selbst von hier aus gut mit dem Eisen 8 das Grün erreiche. Da meldet sich Mitbewerber Werner zu Wort. Man spiele doch nicht mit „Vorsagen“ und beide müssten sich 2 Strafschläge notieren lassen.

Ist das richtig?

Antwort:

Beginnen wir bei Gerd und seiner Frage nach der Spielrichtung. Wenn er schon auf eine Proberunde verzichtet hat, dann hätte er doch wenigstens ein Stück nach vorn gehen können, um sich ein Bild von der Spielrichtung machen zu können, oder? Ja, hätte er.

Aber er durfte auch fragen! Regel 8-2 bestimmt, dass man sich von jedermann die Spiellinie angeben lassen darf. Nur während des Schlages darf sich niemand zum Anzeigen der Spiellinie hinstellen, und man darf auch nicht irgendeinen Gegenstand als Zielrichtung aufstellen. Einen bereits existierende Gegenstand, hier die Tannenspitze, darf man natürlich als „Wegweiser“ ausnutzen. Gerds Frage war also kein Regelverstoß, folglich auch nicht die konkrete Antwort darauf.

Jan fügt aber ja noch hinzu, dass er selbst mit dem Eisen 8 das Grün gut erreiche. Hier wird das Unbehagen von Werner verständlich. Es könnte ein Verstoß gegen Regel 8-1 (Belehrung) vorliegen. Belehrung im Sinne der Regel ist nach  der entsprechenden Erklärung im Regelbuch jede Art von Rat oder Anregung, die einen Spieler in seiner Entscheidung über sein Spiel, die Schlägerwahl oder die Art des Schlages beeinflussen könnte. Ausgenommen sind Auskünfte über die Regeln, Entfernungen, allgemein Kenntliches wie die Lage von Hindernissen oder die Fahnenposition. Die gut gemeinte Aussage von Jan, er selbst erreiche mit dem Eisen 8 das Grün, lässt Gerd Rückschlüsse auf seine eigene Schlägerwahl ziehen, es ist also ohne Zweifel eine Belehrung. Hätte Jan gesagt, bis zum Grün sind es von hier etwa 120 m, dann wäre das zulässig gewesen.

Aber zieht sich Gerd Strafe zu, immerhin ist er ja jetzt schlauer? Andererseits hatte er doch nur nach der Richtung gefragt! Nein, er hat nichts falsch gemacht. Nach Regel 8-1 b darf man sich außer von seinem Partner im Vierer oder seinem Caddie von niemandem Belehrung erbitten. Eine nicht erbetene, quasi aufgedrängte Belehrung darf man allerdings ausnutzen. Gerd muss sich also keine Strafschläge notieren lassen.

Anders sieht es bei Jan aus. Nach Regel 8-1a zieht seine unbedachte Aussage für ihn nach Regel 8-1 a die Strafe von 2 Schlägen nach sich, selbst wenn er sich eigentlich nicht bewusst war, Belehrung zu erteilen.

Fall 2

Am nächsten Loch liegt der Ball von Jan im Vorgrün, der von Gerd dicht am Loch. Jan will seinen Ball putten. Auf seiner beabsichtigten Spiellinie befindet sich eine große Pitchmarke, die er vor seinem Schlag ausbessert. Dann puttet er, verfehlt das Loch, trifft aber den Ball von Gerd. Jetzt meldet sich Werner wieder zu Wort und erklärt, Jan habe sich 4 Strafschläge zugezogen, weil er, obwohl sein Ball noch nicht auf dem Grün gelegen habe, die Pitchmarke ausgebessert und bei seinem Putt den Ball von Gerd getroffen habe.

Ist das richtig?

Antwort:

Die Golfregeln sind fair und dienen nicht dazu, wie Werner zu glauben scheint, die Spieler mit Strafschlägen zu überziehen. Ein Spieler darf erwarten, dass die zum Putten besonders hergerichtete Fläche (siehe Erklärung „Grün“ im Regelbuch) ihm die Chance für einen durch Schäden unbeeinflussten Schlag gibt. Deshalb darf er auf dem Grün alte Lochpfropfen und Pitchmarken ausbessern, egal, ob sein Ball auf dem Grün liegt oder nicht und auch egal, ob er putten oder eine andere Art Schlag ausführen will, Regel 16-1 c.

Aber Vorsicht! Andere Schäden, etwa die bei unvorsichtigem Laufen entstandenen, darf man nicht ausbessern! Bei schwerwiegenden Beschädigungen, etwa wenn Wild über das Grün gelaufen ist und Spuren hinterlassen hat, dann sollte die Spielleitung gerufen werden. Jan durfte also die Pitchmarke ausbessern.

Bleibt die zweite Beanstandung des Mitbewerbers, Jans Ball hätte den von Gerd nicht treffen dürfen. Auch hier liegt der Sportkollege falsch, Regel 19-5 a. Es wäre doch unfair, wenn es immer mit Strafe verbunden wäre, wenn zufällig der Ball des Spielers den des Mitbewerbers träfe.

Die Regel nennt nur eine Ausnahme. Im Zählspiel zieht sich der Spieler 2 Strafschläge zu, wenn beide Bälle auf dem Grün gelegen hätten. Auch das ist fair, denn der Spieler hätte den anderen Ball aufnehmen lassen können. In unserem Fall lag Jans Ball nicht auf dem Grün, und die Art des Schlages (Putt oder Chipp) spielt keine Rolle. Und da keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass Jan und Gerd übereingekommen sind, den Ball als mögliche Unterstützung liegen zu lassen, fallen keine Strafschläge an.

Erhard Wetterich

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